Unser Experte für Stammzellforschung

Prof. Dr. med. Oliver Brüstle

Spezialisierungen: Stammzellforschung, Neuroregeneration, Neuropathologie

Institution und Position: Direktor des Instituts für Rekonstruktive Neurobiologie am Universitätsklinikum Bonn sowie Mitgründer und Geschäftsführer der Life&Brain GmbH. Lehrstuhlinhaber für Rekonstruktive Neurobiologie an der Universität Bonn. Gründungspräsident des Deutschen Stammzellnetzwerks und Vorstandsvorsitzender des Kompetenznetzwerks Stammzellforschung Nordrhein-Westfalen. Senator der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und Mitglied der European Molecular Biology Organization (EMBO).

Stand: 14.03.2018

Die Mitschrift des Interviews mit Prof. Dr. med. Oliver Brüstle zum Thema “Stammzellforschung”

Was sind Stammzellen? In welchen Geweben kommen sie vor?

Stammzellen haben zwei charakteristische Eigenschaften: Zum einem können sie sich dauerhaft vermehren. Zum anderen können sie in organspezifischen Organen ausreifen. Wir finden Stammzellen vor allem in solchen Gewebe und Organen, die sehr gut generieren oder die zeitlebens neue Zellen hervorbringen müssen, wie zum Beispiel die Haut, das Darmepithel oder das Knochenmark, wo ständig millionenfach neue Blutzellen gebildet werden. Unglücklicherweise haben nicht alle Gewebe diesen Stammzellpool zur Verfügung. Das ist auch der Grund, dass Gewebe wie das Nervensystem, Gehirn und Rückenmark, das Herz oder insulinproduzierendes Gewebe ein sehr geringes Regenerationspotential haben.

Was sind embryonale Stammzellen? Wie werden sie gewonnen?

Embryonale Stammzellen können aus befruchteten Eizellen gewonnen werden, wie sie etwa bei der künstlichen Befruchtung anfallen, aus sogenannten überzähligen Embryonen. Bei diesem Verfahren werden die befruchteten Eizellen über wenige Tage in der Zellkultur erhalten (=kultiviert) bis zur Ausbildung eines Keimbläschen. Wir nennen es Blastozyste. Aus der Blastozyste (aus der inneren Zellmasse dieses Gebildes) können embryonale Stammzellen isoliert und gewonnen werden. Einmal gewonnen haben diese Zellen zwei herausragende Eigenschaften: Sie können dauerhaft über viele Jahre vermehrt werden, eingefroren und wieder aufgetaucht werden und sie haben wie Zellen im frühen Embryo die Möglichkeit und Fähigkeit in verschiedenste Gewebezelltypen auszureifen. So lassen sich herz- oder blutbildende Zellen, Gehirnzellen und viele andere Zelltypen aus embryonalen Stammzellen gewinnen. Allerdings können die Zellen aus sich aus keinen ganzen Organismus bilden. Wir bezeichnen diese Zellen als pluripotente Stammzellen, weil sie diese vielen Eigenschaften der Zelldifferenzierung in sich tragen.

Warum werden embryonale Stammzellen kontrovers diskutiert?

Auf der einen Seite haben embryonale Stammzellen sehr großes medizinisches Potential gerade für Organe, die sich schlecht oder gar nicht regenerieren können. Hier besteht die möglich künstlich im Labor aus den embryonalen Stammzellen verschiedene Zelltypen herzustellen wie Herzzellen, Gehirnzellen, blutbildende Zellen, insulinproduzierende Zellen und viele andere Zelltypen. Gerade aufgrund der zunehmenden degenerativen Erkrankungen verbindet deshalb die Wissenschaft aber auch die Bevölkerung große Hoffnung mit diesem Forschungsgebiet. Auf der anderen Seite müssen für die Gewinnung der Stammzellen befruchtete Eizellen, das heißt Embryonen im frühesten Stadium herangezogen werden. Der Keim geht bei der Gewinnung von embryonalen Stammzellen zu Grunde, weshalb kontrovers diskutiert wird, ob solche Zellen überhaupt gewonnen werden dürfen und ob man sie medizinisch einsetzen soll. Letztendlich ist dies eine Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Embryos im frühen Stadium und der Möglichkeit neuer medizinischer Anwendungen zu erschliessen. Diese Abwägung ist sehr schwierig, entsprechend divers ist auch die Regelung dieses Gebietes national wie international. In Deutschland zum Beispiel dürfen embryonale Stammzellen gar nicht gewonnen werden. Es ist lediglich möglich unter strengen Auflagen aus dem Ausland bereits existierende Stammzellen zu importieren. Geregelt wird dieses sehr sensible Gebiet in Deutschland durch das Stammzellgesetz.


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Was sind induziert pluripotente Stammzellen? Haben sie Vorteile?

Vor wenigen Jahren ist es Forschern aus Japan g . . . .

Warum wird sowohl an „HES“ als auch an „IPS“ geforscht?

Embryonale Stammzellen sind sozusagen die natü . . . .

Was sind die Risiken bei der Nutzung pluripotenter Stammzellen?

Neben den allgemeinen Risiken einer Gewebetrans . . . .

Wo werden Stammzellen heute bereits klinisch eingesetzt?

Stammzellen aus dem Knochenmark und aus Nabelsc . . . .

Eignen sich Stammzellen für die Medikamentenentwicklung?

Das ist ein sehr spannendes und viel verspreche . . . .

Wo finde ich verlässliche Informationen zu Stammzelltherapien?

Gerade was vermeidliche Stammzelltherapien anbe . . . .

Was sind die offenen Fragen in der Stammzellforschung?

Zum einen versucht dieses Feld natürlich diese . . . .

Was passiert bei einer Transplantation von Stammzellen?

Die Transplantation von Stammzellen unterscheid . . . .

Infos zum Experten

Ich bin Facharzt für Neuropathologie und seit mehr als 20 Jahren in der Stammzellforschung tätig. An der medizinischen Fakultät der Universität Bonn leite ich das Institut für rekonstruktive Neurobiologie, wo wir uns mit der Erforschung und Behandlung neurologischer Erkrankungen auf Grundlage von Stammzellen beschäftigen.

Darüber hinaus bin ich Vorstandsvorsitzender des Stammzellnetzwerks Nordrhein-Westfalen und Gründungspräsident des Deutschen Stammzellnetzwerks und dadurch in die zentralen Stammzellaktivitäten in Deutschland eingebunden. Ebenso bin ich in internationalen Konsortien und Gesellschaften auf diesem Gebiet aktiv.

Infos zur Klinik

Das im Jahr 2002 gegründete Institut für rekonstruktive Neurobiologie ist für eine Universitätsklinik einzigartig. Wir beschäftigen uns dort ganz gezielt mit der Nutzung von Stammzellen für die Erforschung neurologischer Erkrankungen und deren Therapie.

Dabei interagieren wir sehr eng mit Life & Brain, einem Translationsunternehmen ebenfalls am Standort Bonn. Dort arbeiten Grundlagenwissenschafter aus der Stammzellforschung, der Krankheitsforschung, aber auch Biotechnologen und Kliniker zusammen, um Ergebnisse aus dem Forschungslabor schnell und effizient in biomedizinische Anwendungen zu überführen.

Lebenslauf:

Beruflicher und wissenschaftlicher Werdegang

1982-1989 Studium der Humanmedizin an den Universitäten in Ulm und Chapel Hill (North Carolina)
1989 Promotion am Institut für Zellbiologie der Universität Ulm
1989 bis 1991 Arzt und Wissenschaftler am Institut für Neuropathologie der Universität Zürich
1991 bis 1993 Arzt und Wissenschaftler an der Neurochirurgischen Klinik der Universität Erlangen
1993 bis 1997 Postdoctoral fellow am National Institute of Neurological Disorders and Stroke, National Institutes of Health in Bethesda, USA
1997 bis 2002 Arbeitsgruppenleiter am Institut für Neuropathologie an der Universität Bonn
2002 Berufung auf den Lehrstuhl für Rekonstruktive Neurobiologie an der Universität Bonn

Mitgliedschaften:

Ämter und Mitgliedschaften

  • Senator der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina
  • Gewähltes Mitglied der European Molecular Biology Organization (EMBO)
  • Co-Initiator und Gründungspräsident des Deutschen Stammzellnetzwerks
  • Vorstandsvorsitzender des Kompetenznetzwerks Stammzellforschung NRW
  • Steering group, International Stem Cell Initiative (ISCI)
  • Steering group, International Stem Cell Banking Initiative (ISCBI)
  • Board of Directors, European 6FP integrated project ESTOOLS and 7FP integrated projects
  • Neurostemcell and NeurostemcellRepair
  • Executive Board, Center for Integrated Oncology Cologne/Bonn (CIO)
  • Editorial Board Member: Development, Stem Cell Reports, Brain Pathology, Regenerative Medicine
  • International Society for Stem Cell Research (ISSCR)
  • Deutsche Gesellschaft für Neuropathologie and Neuroanatomie (DGNN)
  • Society for Neuroscience (SfN)
  • Prüfungsausschuss Fachgebiet Neuropathologie der Ärztekammer Nordrhein
  • Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ)

Publikationen:

  • Sheng, C., Jungverdorben, J., Wiethoff, H., Lin, Q., Flitsch, L.J., Eckert, D., Hebisch, H., Fischer, J., Kesavan, J., Weykopf, B., Schneider, L., Holtkamp, D., Beck, H., Till, A., Wüllner, U., Ziller, M.J., Wagner, W., Peitz, M., Brüstle, O. (2018). A stably self-renewing adult blood-derived induced neural stem cell exhibiting patternability and epigenetic rejuvenation. Nat Commun. 2018 Oct 2;9(1):4047. doi: 10.1038/s41467-018-06398-5
  • Doerr, J., Schwarz, M.K., Wiedermann, D., Leinhaas, A., Jakobs, A., Schloen, F., Schwarz, I., Diedenhofen, M., Braun, N.C., Koch, P., Peterson, D.A., Kubitscheck, U., Hoehn, M., Brüstle, O. (2017) Whole-brain 3D mapping of human neural transplant innervation. Nature Communications 19;8:14162. doi: 10.1038/ncomms14162.
  • Roese-Koerner, B., Borghese, L., Stappert, L., D’Araio, S., Jungverdorben, J., Evert, B.O., Peitz, M., Brüstle, O. (2016) Reciprocal regulation between bifunctional miR-9/9* and its transcriptional modulator Notch in human neural stem cell self-renewal and differentiation. Stem Cell Reports doi: 10.1016/j.stemcr.2016.06.008
  • Ladewig, J., Koch, P., Brüstle, O. (2014) Auto-attraction of neural precursors and their neuronal progeny impairs neuronal migration. Nature Neuroscience 17:24–26
  • Ladewig, J., Mertens, J., Doerr, J., Poppe, D., Kesavan, J., Glaua, F., Koch, P., Brüstle, O. (2012) Small molecules enable highly efficient neuronal conversion of human fibroblasts. Nature Methods 9:575-578
  • Koch, P.*, Breuer, P*., Peitz, M.*, Jungverdorben, J.*, Kesavan, J., Poppe, D., Doerr, J., Ladewig, J., Mertens, J., Tüting, T., Hoffmann, P., Klockgether, T., Evert, B.O., Wüllner, U., Brüstle, O. (2011). Excitation-induced ataxin-3 aggregation in neurons from patients with Machado-Joseph disease. Nature 480:543-6
  • Koch, P., Opitz, T., Steinbeck, J., Ladewig, J., Brüstle, O. (2009) A rosette-type, self-renewing human ES cellderived neural stem cell with potential for in vitro instruction and synaptic integration. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 106:3225-3230
  • Wernig, M., Benninger F., Schmandt, T., Rade, M., Tucker, K.L., Büssow, H., Beck, H., Brüstle, O. (2004) Functional integration of ES cell-derived neurons in vivo. J. Neurosci. 24:5258-5268
  • Zhang, S.C*., Wernig, M., Duncan, I.D., Brüstle, O.*, Thomson, J.A. (2001) In vitro differentiation of transplantable neural precursors from human embryonic stem cells. Nature Biotechnol. 19:1129-1133
  • Brüstle, O., Jones, K.N., Learish, R.D., Karram, K., Choudhary, K., Wiestler, O.D., Duncan, I.D., McKay, R.D.G. (1999) Embryonic stem cell-derived glial precursors: a source of myelinating transplants. Science 285:754-756
  • Brüstle, O., Spiro, A.C., Karram, K., Choudhary, K., Okabe, S., McKay, R.D.G. (1997) In vitro-generated neural precursors participate in mammalian brain development. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 94:14809-14814
  • Brüstle, O., Maskos, U., McKay, R.D.G. (1995) Host-guided migration allows targeted introduction of neurons into the embryonic brain. Neuron 15:1275-1285

Weitere Publikationen